Kurzbericht

ULF2 – ein Einmannprojekt 
von Matthias Zahn




Nach vierzig Jahren Flugmodellbau war es an der Zeit nach sich einem größeren Flugzeug umzusehen. 
Ein ULF2 sollte es werden.

Die Konstruktion von Dieter Reich geht auf die Anfänge der neunziger Jahre zurück und basiert auf dem fußstartfähigen Ganzholzsegler ULF1. 
Die motorisierte Weiterentwicklung ULF2 ist in Deutschland seit dem 20. Februar 1995 durch den DAeC zugelassen, bis heute wurden ca. 120 Pläne (inkl. Lizenz) durch den Konstrukteur verkauft.


Nur ca. 20 dieser Motorsegler wurden fertiggestellt und zugelassen, einer davon wird derzeit auf Elektroantrieb umgerüstet, ein anderer hat eine Echo Zulassung -- alle in Deutschland. 
Ein weiteres Exemplar dürfte dieses Jahr noch in der Schweiz flugfertig werden.
Der Spornrad-Tiefdecker ist für gute Flugeigenschaften und geringen Kraftstoffverbrauch (5 l/h bei 120 km/h angenehmer Reisegeschwindigkeit und 3.900 U/min) konzipiert.


Kenngrößen (D-MZWO)
Einsitzig
Spannweite: 11 m
Gleitzahl: 14
MTOW: 322,5 kg
Leermasse: 225,5 kg
Zuladung: 97 kg
Startrollstecke: 80 m
Bauweise
ULF2 ist eine Skelettbauweise, für den Selbstbau besonders vorteilhaft. 
Es werden Kiefernholz und Sperrholz verwendet. Klebstoff an der D-MZWO ist Epoxidharz L285, wobei Aerodux ebenso zulässig ist.
Für Formteile und Übergänge kommt GFK zur Anwendung, so z.B. beim Aufbau des Fahrwerks.

Der Rohbau ist mit Polyestergewebe Ceconite 50g/m² bespannt, dann mit DD-Lack versiegelt.
Stahlrohre werden für die Herstellung des Motorträgers, Aluminiumrohre für die Steuerstangen der Flugsteuerung. 
Scharniere, Beschläge und Steuerungsteile sind aus Stahlblech.

Die Tragflächen lassen sich nach dem Entfernen der Hauptbolzen um 15 cm nach außen ziehen, um 90° verkippen und nach hinten klappen. Das geht auch alleine sehr gut, und die bislang küzeste Aufrüstzeit beträgt gestoppte 11min.
Eine alternative offene Haube (deren Bau erst für den Winter vorgesehen ist inkl. selbstgehäkeltem Flatterschal) wird für das Cabriofeeling bei abendlichen Rundflügen sorgen.
Antrieb
Das Kernstück des Antriebssystems ist ein handelsüblicher PKW-Motor aus dem Citroën Visa. Dabei handelt es sich um einen luftgekühlten 24-kW-Viertakt-Zweizylinder Boxer, der sich durch geringen Verbrauch auszeichnet. Angenehmer Nebeneffekt: hohe Verfügbarkeit und akzeptabler Anschaffungspreis. Normaler bleifreier Kraftstoff reicht völlig aus.
Der Propeller wird über eine Riemenuntersetzung angetrieben.
Nachbaupläne
Bauunterlagen 
bestehen aus 29 Konstruktionszeichnungen (A1), inkl. Umbau des Visa-Motors, 26 Werkstattzeichnungen (A4) im Maßstab 1:1, einer detaillierten Bauanleitung (60 Seiten) sowie einem Prüfplan. Der Plansatz ist reichlich detailliert ausgearbeitet, lässt keinen Spielraum für (Fehl-) Interpretationen und ist leicht verständlich. Die Bauüberwachung übernahm eine Prüferin der Klasse 5 Holz (Frau Conny Korff, bei der ich mich an dieser Stelle herzlich bedanke für die Hilfe mit umfangreichem Fachwissen in allen Bereichen). Nützliche elektronische Bauhilfen waren das Forumromanum, die kleine aber feine ULF2-Gemeinde, sowie diverse weitere Internetseiten.
Entscheidung und Bau
Folgende Kriterien für den ULF2:

- Einsitzig, da ja nur für mich ;-)
- gute Flugeigenschaften, auch Segelflug möglich
- Holzbauweise, nur wenige Werkzeuge/Maschinen nötig
- Erfahrung mit dem Rohstoff aus dem Modellbau vorhanden
- motorgetrieben, Geschwindigkeit dabei zweitrangig
- Gute Gleiteigenschaften und viel Zeit zum Außenlandefeldsuchen
- Musterzulassung vorhanden
- Bau im eigenen Heim möglich (Raum mit ca. 3 m x 6 m ist ausreichend)
- Support bei kniffeligen Angelegenheiten: kleine ULF2-Gemeinschaft
- platzsparendes Handling des fertigen Flugzeuges
- gefälliges Aussehen, kein 'look von der Stange'

Mit diesen Überlegungen war das Zielobjekt Ulf2 schon fast zwangsläufig. 



Bauzeit 
der D-MZWO betrug ziemlich genau 5 Jahre, wobei nebenbei der eigentliche Beruf möglichst uneingeschränkt weiterlaufen sollte, und die Grundfesten der intakten Familienpolitik durften keinesfalls eingeschränkt werden.

Mit dem Bau lernte ich den exklusiven Kreis von anderen ULF2-Bauern kennen. Je weiter das Projekt fortschritt, desto mehr wurde ich aktives und akzeptiertes Mitglied der Interessengemeinde. Ebenso erhielt ich rege Resonanz auf die zeitnahe Bilderbaudokumentation mit mehr als 1000 Fotos aller Baustadien. So erreichte mich eine Einladung vom höchstgelegenen Flugplatz Europas in Südfrankreich/Mont-Louis la Quillanne auf 5610 Fuß. Wir planen zu zweit bereits einen Besuch - der Citroen Motor dürfte sich dort heimisch fühlen.


Fazit
Eine unausgesprochene Regel in der ULF2-Etikette besagt, dass jedes Mitglied der ULF2-Familie wenigstens einmal besucht werden sollte:
Die jüngste Nachricht nach dem Erstflug kam wahrlich aus Argentinien, auch dort entsteht ein ULF2. 
Seitdem grübele ich wie das Tankvolumen um ein paar Liter erweitert werden könnte; muss auch nochmal im alten Schulatlas blättern.

Ferner gilt nach wie vor das geflügelte Wort aller Flugbegeisterten: 
Nach dem Jungfernflug ist vor dem Jungfernflug, was immer es sei, die Gedanken sind frei.




                                                                                                        Matthias Zahn im März 2015

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